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AutorenbildVishnu Shakta (Silent Academy)

Samadhi

Im folgenden Artikel geht es um das höchste Bewusstsein, eine Stufe, die durch beständiges Üben im Yoga erreicht werden kann.


Einführung

Samadhi (Vereinigung, Ekstase) ist Einssein mit Gott. Es ist eine überbewusste Erfahrung. Es ist Adhyatmika Anubhava, die Verwirklichung des Selbst. Samadhi ist Wonnevolle Vereinigung. Der Geist geht im Ewigen, dem Atman, auf wie Salz in Wasser oder Kampfer in der Flamme. Es ist ein Zustand reinen Bewusstseins. Samadhi verankert dich im Atman. Durch Samadhi wird das begrenzte Selbst im grenzenlosen, absoluten Bewusstsein aufgenommen. Das Einssein von Jivatman (individuelle Seele) und Paramatman (höchste Seele) wird verwirklicht. Die in Samadhi erfahrene Erkenntnis ist göttliche Erkenntnis. Es ist übersinnliche, intuitive Erkenntnis, wohin Vernunft, Schlussfolgerung und Beweis nicht gelangen können.


Samadhi ist innere göttliche Erfahrung jenseits von Geist und Sprache. Der Zustand von Samadhi ist jenseits aller Relativität. Es gibt keine Worte oder Ausdrucksmittel dafür.

Auch in der normalen Alltagserfahrung ist es nicht möglich, jemandem zum Beispiel den Geschmack eines Apfels zu erklären, der ihn nicht gekostet hat oder einem Blinden das Wesen der Farbe. Der Samadhi-Zustand ist reinste Wonne, Freude und Frieden. Nur soviel kann gesagt werden. Man muss es selbst spüren.


In Samadhi gibt es weder Bewusstsein des Körpers noch der geistigen Inhalte.

Es gibt nur Sein (Sat). Das ist dein wahres Svarupa (Wesen). Wenn ein Teich austrocknet, verschwindet auch die Spiegelung der Sonne im Wasser. Wenn der Geist in Brahman aufgeht, wenn der Geist-See austrocknet, verschwindet auch das reflektierte Chaitanya (Bewusstsein). Der Jivatman, die individuelle Persönlichkeit, vergeht. Es bleibt nur das Sein.


In Samadhi gibt es weder Meditation noch Meditierenden. Der Meditierende und der Gegenstand der Meditation, der Denker und der Gedanke, der Verehrer und das Verehrte werden eins und identisch. Der Geist verliert sein eigenes Bewusstsein und wird identisch mit dem Gegenstand der Meditation. Der Meditierende hat seine Persönlichkeit im Ozean Gottes aufgelöst, bis er einfach zum Werkzeug Gottes wird. Wenn sich sein Mund auftut, spricht er mühelos und ohne zu überlegen durch direkte Intuition die Worte Gottes; und wenn er seine Hand hebt, strömt wieder Gott durch sie, um ein Wunder zu wirken.



Ein Zustand vollkommenen Wachseins

Samadhi ist kein Zustand von Dumpfheit, Vergessen oder Verlöschen. Es ist ein Zustand absoluten Bewusstseins, der jedem Versuch einer Beschreibung spottet. Es ist das endgültige Ziel von allem. Es ist Mukti. Es ist Moksha.


Samadhi ist nicht ein Zustand dumpf wie ein Stein, wie viele meinen. Leben im Geistigen ist nicht Verlöschen. Wenn das Selbst in Erfahrenem gebunden ist, entfaltet es sich nicht voll; wenn die Beschränkungen des empirischen Seins überschritten werden, intensiviert sich das universelle Leben, und man fühlt sich be-reichert. Dann wird das innere Leben sehr reich. Dann wird das Leben kosmisch weit und sogar suprakosmisch.


Samadhi ist kein unbewusster Zustand. Es ist ein Zustand vollkommenen Wachseins. Es ist nicht nur emotionale Begeisterung oder ein Gefühl der Verzückung. Es ist das direkte, einzigartige und intuitive Erfahren von Wahrheit, absolutem Bewusstsein und endgültiger Wirklichkeit. Es ist jenseits von allem Fühlen, Erbeben und Schaudern. Es ist ein machtvoller Zustand transzendentalen Selbstgewahrseins. Der Aspirant ruht nun in seinem Zentrum - dem Ziel seiner Suche - und verwirklicht die absolute Freiheit, Unabhängigkeit und Vollkommenheit.


Die vierte Dimension

Der Samadhi-Zustand ist weder Wachen noch Träumen, denn Sankalpa (der Wunsch) ist nicht vorhanden. Genauso ist es nicht Sushupti (Schlaf), denn es gibt kein Nichtbewusstsein. Es ist die vierte Dimension, in der die unendliche Wonne Brahmans herrscht.


Wenn man einen sogenannten traumlosen Schlaf hat, ist es so, dass man sich entweder nicht an das Geträumte erinnert oder tatsächlich in Tiefschlaf, in vollkommenes Nichtbewusstsein, gefallen ist. Aber es gibt die Möglichkeit des „Schlafes", wo man voll bewusst ist und die absolute Stille betritt, die Unsterblichkeit und den Frieden in allen Teilen des Wesens, und wo das Bewusstsein in Satchid-ananda aufgeht. Man kann es schwerlich „Schlaf" nennen, denn es ist vollkommene „Wachheit", aber ohne konkreten Geistesinhalt. In diesem Zustand kann man einige Minuten, Stunden oder Tage lang sein. Aber diese wenigen Minuten geben dir mehr Entspannung als Stunden normalen Schlafes. Man fällt nicht zufällig hinein. Es bedarf langen Übens.


Jada Samadhi und Chaitanya Samadhi

Vielfach herrscht die verbreitete Vorstellung, Samadhi bedeute, nur mit einem Lendenschurz bekleidet im Zustand absoluten Nichtbewusstseins in Padmasana, der Lotosstellung, zu sitzen, wobei der Atem vollkommen still steht. Menschen meinen manchmal, dass der In-Samadhi-Ruhende sich seiner Umgebung nicht bewusst sein dürfe und vollkommen empfindungslos zu sein hat, selbst wenn ein Messer in seinen Körper gestochen wird. Natürlich gibt es solche Samadhis. Das sind Jada Samadhis (Empfindungslosigkeit des Körpers), die durch Hatha Yoga Kriyas herbeigeführt werden können.

Mit Hilfe der Praxis von Kechari Mudra kann sich ein Hatha Yogi in einer Kiste einschließen und sich darin monatelang unter der Erde vergraben lassen. Zweifellos ist das eine schwierige Yoga Kriya (Yoga-Übung), aber sie gibt nicht Atma Jana (die Erkenntnis des Selbst).


In Jada Samadhi wird das Prana hochgezogen und in einem Chakra festgehalten. Der Mensch ist für diesen Zeitraum praktisch tot. Es ist wie ein langer, tiefer Schlaf. Diese Samadhis sind wertlos. Es werden nicht alle Samskaras und Vasanas verbrannt. In diesem Samadhi herrscht kein vollkommenes Wachsein.

Der Mensch kommt als derselbe alte Mensch aus seinem Samadhi, mit allen alten Samskaras und Vasanas. Er hat keine überintuitive Erkenntnis. Es ist irgendwie ein akrobatisches Kunststück oder eine innere Gymnastik. Solche Samadhis können nicht Mukti (Befreiung) bringen. Leichtgläubige Menschen lassen sich von solchen Kunststücken täuschen.


Wahrer Samadhi gibt übersinnliches Wissen. Der Yogi geht daraus mit neuer übersinnlicher Weisheit hervor. Das ist wahrer Chaitanya Samadhi. In Chaitanya Samadhi herrscht vollkommenes Wachsein. In Jada Samadhi ist der Sadhaka (der Übende) unbewusst.


Chaitanya Samadhi ist etwas völlig anderes als Jada Samadhi. Darin werden alle Zweifel, Täuschungen und die drei Knoten - Avidya, Kama und Karma - zer-stört. Er schenkt absolute Furchtlosigkeit und einen unerschütterlichen Geisteszu-stand. Der Samadhi-Zustand wird auch im Tätigsein aufrechterhalten.

Wer in Samadhi verwurzelt ist, hält Geist und Körper in vollkommenem Gleichgewicht und nützt sie mit Atma Bhava zum Dienst an den Menschen. Er ruht immer fest in Brahman. Er ist immer in Samadhi. Er schwankt unter keinen Umständen. Er steht fest aufgrund seiner Selbsterkenntnis.


Wirklicher Samadhi wird sowohl im Tätigsein wie auch in der Meditation auf-rechterhalten. Das ist die wahre Prüfung für die innere Stärke und Verwirklichung eines Menschen. Das ist wahrer Chaitanya Samadhi. Ein Samadhi, in den man mit geschlossenen Augen in Berghöhlen und Wälder gelangt, der aber während des Tätigseins gebrochen oder erschüttert wird, ist schon ein großer Entwicklungs-schritt, aber noch keine anhaltende Verwirklichung.



Der Geist in Samadhi

Samadhi bedeutet das Verlöschen oder die Auflösung des Geistes. Der Geist ist in Samadhi in keiner Weise aktiv. Er geht in Brahman auf. Wenn man einen dem Tiefschlaf ähnlichen Zustand bei voller Bewusstheit herbeiführen kann, ist es kein Tiefschlaf mehr, sondern Samadhi. Es ist schlafloser Schlaf, wo Sinne und Geist völlig zu wirken aufhören und der Schleier der Unwissenheit vom Feuer der Erkenntnis aufgelöst wird. Der Aspirant genießt die vollkommene Freude der Frei-heit. Er genießt die erhabene Stille des Unvergänglichen.


In Samadhi gibt es keine geistigen Spannungen. Es herrscht vollkommene Stille und Ausgeglichenheit. Es herrscht ein vollständiger geistiger Stillstand. In Samadhi geht der gereinigte Geist in Atman, seiner Quelle, auf und wird zu Atman, dem höchsten Selbst. Er nimmt die Form des Atman an, so wie Kampfer zu Feuer wird. Brahman kennen heißt Brahman werden. Der Geist wird tatsächlich zu Brahman, wenn er gereinigt ist und in den Samadhi-Zustand geführt wird.


Wenn der Geist Brahman wird, löst sich auch die Welt, die eine Schöpfung des Geistes ist, in Brahman auf und wird Brahman Selbst.


Die Samadhi-Erfahrung

In dieser Erfahrung ist weder Dunkelheit noch Leere. Sie ist bloßes Licht. Es gibt weder Klang noch Berührung noch Form. Es ist eine phantastische Erfahrung von Einheit und Einssein. Es gibt weder Zeit noch Ursächlichkeit. Es gibt nur Ewigkeit.


Du wirst allwissend und allmächtig. Du wirst Sarva Vid (allwissend). Du weißt alles. Du kennst das ganze Geheimnis der Schöpfung. Du erlangst Unsterblichkeit, höheres Wissen und ewige Wonne.


Jede Dualität verschwindet darin. Es gibt weder Subjekt noch Objekt. Es gibt weder Sakara (mit Form) noch Nirakara (formlos). Es gibt weder Meditation noch Samadhi. Es gibt weder Dvaita (Dualität) noch Advaita (Nondualität). Es gibt weder Vikshepa (Zerstreutheit) noch Einpünktigkeit. Es gibt weder Meditierenden noch Meditationsobjekt. Es gibt weder Tag noch Nacht.


Wenn du im höchsten Nirvikalpa Samadhi verwurzelt bist, gibt es nichts zu sehen, zu hören, zu riechen oder zu fühlen. Du hast kein Körperbewusstsein. Du hast das volle Bewusstsein Brahmans. Es gibt nichts außer dem Selbst. Es ist eine wunderbare Erfahrung. Du wirst von Ehrfurcht ergriffen sein.


Zu dieser Erfahrung kommt es, wenn sich Ichbewusstsein und Geist aufgelöst haben. Es ist ein Zustand, den man durch eigenes Bemühen erlangen muss. Er ist grenzenlos, ohne Teile und unendlich, eine Erfahrung von Sein und reinem Be-wusstsein. Wenn man diese Erfahrung macht, verschwinden Geist, Wünsche, AK-tivitäten und Gefühle von vergänglicher Freude und Sorge in einer Leere.


Nun ist das „Jivatum" weg. Das kleine Ego hat sich aufgelöst. Der unterscheidende Geist, der spaltet, ist verschwunden.



Samadhi schenkt Moksha

Samadhi bringt Kaivalya, absolute Unabhängigkeit. Samadhi schenkt Moksha.

Das ist der Gipfel und Höhepunkt von Yoga. Mit der Herabkunft von Selbsterkenntnis verschwindet die Unwissenheit. Mit dem Verschwinden der Grundursache, der Unwissenheit, verschwindet auch das Ichdenken usw. Der Yogi hat nun gleichzeitiges, unmittelbares Wissen. Vergangenheit und Zukunft vermengen sich mit der Gegenwart. Alles ist „jetzt*. Alles ist „hier". Zeit und Raum wurden überschritten.


Nur durch Samadhi kann das Unerkannte erkannt, das Ungesehene gesehen und das Unerreichbare erreicht werden. Die Summe allen Wissens über die drei Welten und alle weltlichen Wissenschaften ist nichts, nichts als eine bloße Hülle im Vergleich zum unendlichen Wissen eines Weisen, der den höchsten Samadhi-Zustand erreicht hat.


Ein Mensch, der aus Samadhi zurückkommt, kann auf dieselbe normale Weise leben und sich bewegen wie vorher, und es mag vielleicht keine auffällig erkennbare Veränderung in seinem Leben und Verhalten für den Zufallsbeobachter geben. Dennoch liegt eine grundlegende Bewusstseinsveränderung in ihm vor. Es ist nicht nur eine einfache Veränderung. Es kommt zu einer eindeutigen Umwandlung der

Persönlichkeit.


Wer kann Samadhi erreichen?

Samadhi ist keine Erfahrung, die durch ein wenig Übung erreicht werden kann. Niemand kann Samadhi erreichen, wenn er oder sie nicht eine sehr reine Seele ist. Um Samadhi zu erreichen, braucht es Brahmacharya, d. h. einen reinen, klar ausgerichteten Lebensstil und Bewahrung der Energie, Mäßigung beim Essen und ein reines Herz. Der Geist muss gereinigt sein. Nur dann ist das Körper-Geist-System bzw. das Gefäß ausreichend bereit, um die Herabkunft des göttlichen Lichtes zu empfangen. Es muss stark genug sein, um dem Druck einer plötzlichen Bewusstseinserweiterung standzuhalten und eine kosmischen Sicht zu ertragen, die jenseits des Geistes liegt und die ganze bisherige Existenz mit einem einzigen Strich überdeckt.


Wenn du ein Ultama Adhikari bist, ein hervorragender Aspirant, der über die vier Mittel/Eigenschaften eines Aspiranten (Sadhana Chatushthaya) verfügt, Tivra Vairagya (tiefe Wunschlosigkeit) besitzt und ein intensives Sehnen nach Befreiung verspürt, und wenn du einen Brahma Shroti als Lehrer hast, einen Brahma Nishta wie Shri Shankara oder Shri Krishna, der hinter dir steht, wirst du das Selbst in einem einzigen Augenzwinkern verwirklichen. In der Zeit, die es braucht, um eine Blume in die Hand zu nehmen, kannst du das Selbst verwirklichen. Durch Ashtavakra verwirklichte König Janaka sich in einem einzigen Augenblick. Arjuna erreichte auf dem Schlachtfeld binnen eineinhalb Stunden Selbstverwirklichung.

Mukunda Rai von Maharashtra gab einem Bettler in einer einzigen Sekunde Samadhi, während er auf seinem Pferd ritt usw.


Wie der Mensch, der dringend einen Weg sucht, um aus einem brennenden Haus zu entkommen, müssen Aspiranten das glühende Verlangen verspüren, sich aus dem Feuer von Samsara zu befreien. Dann können sie in tiefe Meditation und Samadhi eintreten.


Wie man Samadhi erreicht

Tiefe Meditation führt zu Samadhi, zum Einssein mit Gott. Der Geist ist erfüllt mit Atman, Gott. Der Geist verschleiert sein individuelles Bewusstsein und idenfifiziert sich mit dem Objekt der Meditation. So wie sich eine Salzpuppe im Wasser auflöst, so geht der Geist in Nirvikalpa Samadhi in Brahman auf. Ein plötzlicher Strahl mystischer Erleuchtung macht der gesamten empirischen Erfahrung mit einem Mal ein Ende, und der Gedanke der Erinnerung an so etwas wie diese Welt oder die enge Individualität des Geistes in dieser Welt verlässt den Menschen vollkommen.


Beachte die drei Vorgänge, die in der Meditation im Geist stattfinden. Sie sind:

Kontemplation, Erfülltsein, Identifikation mit Brahman. Denke an diese drei Wortbilder. Wiederhole sie geistig bei deinem Sadhana. Das wird dir sicher sehr helfen.

Kontempliere über den Atman. Erfülle den Geist mit Atman. Dann identifiziert sich der Geist mit Brahman, so wie es die Analogie von der Raupe und dem Schmetterling besagt. So wie du denkst, so wirst du. Denke du bist Brahman; du wirst Brahman werden.


Schweige. Erkenne dich selbst. Erkenne Dies. Lasse den Geist in Dem aufgehen. Die Wahrheit ist ganz einfach und schlicht.


Aus Swami Sivanandas "Inspiration und Weisheit für Menschen von heute." Yoga Vidya Verlag 1.Aulage 2017



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